Euhemerismus

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Euhemerismus

Definition, Bedeutung

Euhemeros (lat.: Euhemerus; * um 340 v. Chr.; † um 260 v. Chr.) war ein griechischer Philosoph, Schriftsteller und Mythograph, geboren in Messana auf Sizilien (oder Chios, Tegea oder Messene auf dem Peloponnes), lebte um 300 v. Chr. am Hof des mazedonischen Königs Kassander.

Euhemeros ist der Verfasser eines Werkes mit dem Titel Heilige Schrift (hiera anagraphe), von dem Exzerpte bei Diodoros von Agyrion sowie Zitate aus einer lateinischen Übersetzung von Ennius erhalten sind. Es handelt sich um einen philosophisch-utopischen Reiseroman über die im Auftrag Kassanders unternommene Fahrt zu der fiktiven Insel Panchaia im östlichen Meer, von deren idealem Staatswesen er eine realistisch anmutende Schilderung gibt, und die insofern mit Platons Beschreibung von Atlantis und Xenophons Erziehung des Kyros („Kyropädie“) zu vergleichen ist. Im Zeustempel der Hauptstadt von Panchaia will er auf einer Stele die dem Werk dem Titel gebende „heilige“ Inschrift gefunden haben, die als Grundgesetz des Staates von Panchaia die Taten der ersten Könige dieses Staates, nämlich der nachmaligen Götter Uranos, Chronos und Zeus aufzeichnete und sie als Taten menschlicher Herrscher erwies, die wegen ihrer herausragenden Verdienste und kulturellen Neuerungen von den Nachgeborenen als Götter verehrt wurden oder sich wie Zeus schon zu Lebzeiten als Götter verehren ließen.

Diese Vermenschlichung der Götter, die vermutlich nicht als rationalistische Kritik am Mythos gemeint war, sondern vielmehr den Herrscherkult seines königlichen Mäzens plausibilisieren und politischen Herrschern allgemein einen Anreiz zu einem für das Gemeinwesen vorteilhaften Bestreben um die Beförderung ihres Nachruhms geben sollte, wurde von Zeitgenossen wie Kallimachos mit heftiger Kritik beantwortet und hat auf die antike griechische Allegorese der olympischen Götter keinen großen Einfluss mehr ausgeübt. Sie entfaltete ihre Wirkung aber dank Ennius bei den Römern und besonders dann in der Apologetik der christlichen Kirchenväter, die dadurch die heidnischen Göttersagen als übertreibende Fabeln auf einen realistischen und historischen Kern zurückgestutzt fanden.

Der später als „Euhemerismus“ bezeichnete Ansatz, die Entstehung von Gottesvorstellungen auf mythische Überhöhung historischer Personen zurückzuführen, wurde im Mittelalter noch gelegentlich von Snorri Sturluson auf die nordgermanischen Götter übertragen und hat dann in der Neuzeit seit der Religionskritik der Aufklärung zahlreiche Anhänger gefunden. Der Abbé Antoine Banier (1673-1741) verschaffte dieser Deutung in seiner dreibändigen Schrift La mythologie et les fables expliquées par l'histoire (1738-1740, engl. Übersetzung 1739-1740, ital. Übersetzung 1754-1764, deutsche Übersetzung von Johann Adolf Schlegel 1754-1766) große Popularität. Vertreter euhemeristischer Mythendeutung waren der Altphilologe Étienne Clavier (1762-1817), der Historiker Sainte-Croix (1746-1809), der Archäologe Desiré-Raoul Rochette (1789-1854) und der Philosoph Herbert Spencer, oder in jüngerer Zeit der Schriftsteller Robert von Ranke Graves. Auch den Ansatz neuzeitlicher Bibelforschung und Bibelkritik seit Johann Gottfried Eichhorn (1752-1827), Heinrich Eberhard Gottlob Paulus (1761-1851) und dem Begründer der Leben-Jesu-Forschung David Friedrich Strauß (1808-1874), biblische Wundererzählungen auf natürliche Vorgänge zurückzuführen, hat man zuweilen per analogiam als euhemeristisch bezeichnet.

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Silbentrennung

Die Silben von dem Wort 'Euhemerismus' trennt man wie folgt:

  • Eu|he|me|ris|mus
(Definition ergänzt von Marie am 25.03.2019)
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